7 Kapellen
Kapelle Gundelfingen am Radweg nach Offingen von Hans Engel
Koordinaten: Breitengrad: 48.50838 / Längengrad: 10.35660
Foto: Eckhart Matthäus © Siegfried und Elfriede Denzel Stiftung
Kapelle Unterliezheim von John Pawson
Koordinaten: Breitengrad: 48.69232 / Längengrad: 10.52052
Foto: Eckhart Matthäus © Siegfried und Elfriede Denzel Stiftung
John Pawson zeichnet die Kunst des Weglassens aus. Tür, Bank, Fenster, Kreuz: weniger geht nicht. Verzahnung mit Wald und Landschaft, von Gehen und Innehalten, Hell und Dunkel, Riechen, Fühlen und Sehen: mehr ist nicht möglich. Leere und Dichte als Resonanzraum für das Heilige. Monumental und zugleich völlig selbstverständlich und natürlich: geschichtete Baumstämme. Die Kapelle lädt zum Besuch ein.
Dank dem Entgegenkommen der Bayerischen Staatsforsten und der Gemeinde Lutzingen war es möglich, am Radweg von Unterliezheim nach Finningen oberhalb der Mühle eine aus dem Wald herauswachsende Kapelle zu errichten. Mein besonderer Dank gilt dem dänischen Unternehmen Dinesen, das für den Bau der Kapelle 40 Stämme Douglasie aus dem Schwarzwald mit einer Länge von etwa 12,5 m und einem Durchmesser von 90 cm zur Verfügung gestellt hat.
Kapelle Emersacker von Wilhelm Huber
Koordinaten: Breitengrad: 48.48066 / Längengrad: 10.65513
Foto: Eckhart Matthäus © Siegfried und Elfriede Denzel Stiftung
Das längliche Tal der Laugna zwischen Welden und Emersacker sowie der hochgewachsene Fichtenbestand des Fuggerschen Waldes, ist der Schlüssel für den „besonderen Ort“. Die Kapelle antwortet als hölzener, 12 m hoher Turmbau, der wie ein großer Baumstumpf sich im Laufe der Jahre mit dem Wald verbinden wird.
Die Kapelle ist geprägt vom sakralen, abgeschlossenen Innenraum, der eine Gegenwelt zur Natur aufbaut.
Von einem überdachten Vorbereich gelangt der Besucher in die Kapelle. Der weiße Raum erhält sein Licht ausschließlich über ein gestaltetes Oberlicht aus blauem, mundgeblasenem Glas, welches auf die Wände abstrahlt. Die Farbe Blau steht im Zusammenhang mit dem Wunsch nach der Verbindung mit dem Himmel und soll zugleich die göttliche Wahrheit symbolisieren. Ein Podest dient dem Besucher sowohl als Sitzgelegenheit, als auch als Plattform für Meditation.
Der Raum – mit einem einfachen, geflammten Metallkreuz – bietet dem Gläubigen einen Ort der Stille und Meditation, er hat hier die Gelegenheit zur Besinnung und inneren Einkehr.
Auf einem Block gegenüber dem Eingang können Besucher und Radfahrer ihre Brotzeit genießen und die Landschaft des schönen Laugnatals betrachten.
Wilhelm Huber
Dank dem Entgegenkommen der Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Stiftungen war es möglich, an einer kleinen Waldlichtung am Radweg von Welden nach Emersacker einen Bauplatz zu finden. Das idyllische Tal der natürlich dahinfließenden Laugna erhält eine markante Landmarke.
Kapelle Oberbechingen von Frank Lattke
Koordinaten: Längengrad: 48.63758 / Breitengrad: 10.36653
Foto: Eckhart Matthäus © Siegfried und Elfriede Denzel Stiftung
Der Ort
Ein leicht geneigter nach Nordwesten fallender Hang, am Fuße das Dattenhauser Ried, eine Weggabelung am Radweg zwischen Oberbechingen und Wittislingen. Die Ausläufer der Schwäbischen Alb in der Ferne sorgen für bizarre Wolkenformationen. Der Blick ist weit, die Landschaft offen und frei. In der Ferne erzählen die hohen Türme der barocken Kirchen von den Dörfern, die sich in die sanfte Topografie der Landschaft schmiegen.
Der Radweg von Oberbechingen verläuft parallel zu den Höhenlinien des Hanges und fällt leicht ab nach Wittislingen. Das spitze Bauwerk steht selbstbewusst an der Gabelung, an der es hinunter geht ins Ried, ein geschütztes Paradies für Amphibien und Vögel.
Das Bauwerk
Die Kapelle ist ein Ort der Kontemplation in der Weite der Landschaft, die im Kontrast der Enge der Raumerfahrung deutlich wird. Der quadratische Raum wird überspannt von einem steilen hohen Sparrendach, das über der Diagonalen tief nach unten fällt. Der Blick durch das Stabwerk der nach innen verschwenkten Wand lässt den Innenraum erahnen. Der Eingang leitet vom Niedrigen ins Hohe, der First über der Diagonalen trägt die Richtung des Raumes. Innen fällt sanftes Seitenlicht über hohe Fensterschlitze, Kerzenschimmer und ein Kreuz. Das christliche Zeichen, das Weihwasserbecken und der Kerzenständer sind aus brüniertem und gebürstetem Tombakblech, einer hoch kupferhaltigen Messinglegierung. Das Holzständerwerk, die unbehandelte Brettschalung und der Hirnholzboden sind aus heimischer Fichte. Die Schwalbenschwanzverbindung der Stäbe ist präzise maschinell hergestellt. Das Bauwerk ist ein Zeichen zeitgemäßer handwerklicher Baukunst, die auf ehrliche Weise die Art ihrer Herstellung erzählt.
Frank Lattke
Die Wegkapelle von Frank Lattke mit einer Grundfläche von 4,80 m x 4,80 m und einer Höhe von 7,30 m steht markant in freier Landschaft, in einer Weggabelung am Radweg von Oberbechingen nach Dattenhausen. Sie scheint durch die unterschiedlichen Fassaden und die Höhe des Dachfirstes in Bewegung zu sein. Im Innern kommt man zur Ruhe, der Blick richtet sich auf das Kreuz im Licht. Hell und Dunkel modellieren den Raum, dessen Holzmaterialität alle Sinne umfängt. Ein Innen das birgt, Konzentration ermöglicht und die Landschaft ausschnitthaft zeigt.
Kapelle Ludwigschwaige von Alen Jasarevic
Koordinaten: Breitengrad: 48.64885 / Längengrad: 10.70517
Foto: Eckhart Matthäus © Siegfried und Elfriede Denzel Stiftung
Landschaft
Die ‚Schweua‘ sind Jahrhunderte alte Gehöfte in den Donauauen im Landkreis Dillingen und Donauries. Die Landschaft ist geprägt durch die Nähe zur Donau und durch zahlreiche Waldinseln in einer weiten bewirtschafteten Ebene, erschlossen über ein dichtes Netz von Feldwegen.
Hände
Hier erhebt sich die neue Wegkapelle, gleich zweier zum Gebet gefalteter Hände hoch in den Himmel. Das so geformte Dach, geradezu das Symbol für Schutz, bietet einen neuen Orientierungspunkt. Kapelle und Landschaft gehen eine Symbiose ein. Es entsteht eine Fülle von unterschiedlichen Orten – jeweils mit eigener Identität und spezifischer Qualität. Etwas Neues, was es davor nicht gab.
Licht
Der Innenraum wird gebildet durch ein beschützendes und mit steilem First geformtes Dach. Der Raum gleicht einem Gefäß, in dem sich das Licht verfängt. Die industrielle Fertigung des Holzbaus wird künstlerisch veredelt. Über die mit Hohleisen geschnitzte und bearbeitete Oberfläche streicht das Licht fasst greifbar über die Innenseiten der steilen Dachflächen tief in den Raum. Je nach Sonnenstand beginnt die Oberfläche an zu flirren, wie die benachbarte Donau bei leichtem Wind. Zwei Stäbe aus massivem Stahl, geborgen aus der Donau, bilden das Kreuz, welches das hoch einfallende Licht teilt.
Konstruktion
Die strikt einfache Gestaltungsidee findet auch in der Konstruktion ihren Niederschlag. Mit nur drei 14 cm starken Brettsperrholzplatten wird die Kapelle fast schon in kindlicher Unbefangenheit aufgerichtet. Die fünflagigen Platten ergeben die raumseitige Oberfläche und werden nur noch wetterseitig in ein Schindelkleid gehüllt.
Stille
Kein Ort, der so nebenher erfahrbar sein will – viel mehr ein Ort des Gebets, der Andacht, des Einkehrens und der Stille.
Alen Jasarevic
Die Grundidee des Entwurfs sind zum Gebet gefaltete Hände. Die Kapelle in Form eines ansteigenden Zeltes ist zwölf Meter hoch, sechs Meter lang und verjüngt sich in der Breite von fünf Meter auf zwei Meter. Der Raum zeigt eine aufstrebende Form.
Die Innenwände aus Schichtholz sind bearbeitet mit einem Hohleisen (16 mm), so dass sich eine lebendige Kerbstruktur zeigt. Die Oberfläche scheint sich im Licht zu bewegen. Eine unendliche Tiefenstruktur öffnet sich, die zum Innehalten einlädt und den Blick zum Kreuz im Licht führt.
Herr Franz Mayer, der Eigentürmer der Ludwigschwaige hat uns bei der Standortsuche spontan einen Platz für einen Kapellenbau angeboten. Er befindet sich an einem Altweg zur Bartelstockschwaige und wird hinterfangen von Donauauwäldern mit Eschen, Eichen und Ahorn.
Kapelle Kesselostheim von Staab Architekten
Koordinaten: Breitengrad: 48.70690 / Längengrad: 10.64630
Foto: Eckhart Matthäus © Siegfried und Elfriede Denzel Stiftung
Der Ort
Die Kapelle steht inmitten von Feldern an einem leichten Hang über Kesselostheim. Umgeben von einer kleinen Baumgruppe ist sie in der offenen Landschaft um Kesselostheim weithin sichtbar. Aus der entgegengesetzten Richtung kommend, rückt eine Wegkehre den Ort in die Blickachse des Weges.
Die Kapelle
Der Ort legte nahe, die Kapelle als Turm auf Fernsicht anzulegen: eine zeichenhafte Form, hoch genug, um von weitem gesehen werden zu können und schmal genug, um zwischen den Bäumen Platz zu finden. Der Kapellenturm ist aus einzelnen Holzlamellen gefügt, die sich wie ein Flügelschlag zum Himmel auffächern. Sie bilden eine durchlässige Raumhülle, durch die Sonnenlicht, Wind, Regen und Schnee ins Innere der Kapelle gelangen und den Innenraum in unmittelbarer Verbindung zur umgebenden Landschaft halten.
Ein quer zum Hang angelegtes Plateau inszeniert mit einfachen Mitteln den Weg zum Kapellenturm. Der Blick geht in die Landschaft, wenn man den schmalen Steg betritt, den eine lange Sitzbank säumt. Er führt vorbei am Kapellenturm auf eine kleine Fläche mit einer überdachten Bank, die dem Kapelleneingang zugewandt ist. Wer hier rastet, erlangt einen ersten Blick in den Kapellenraum. Betritt man den Turm, wird man von einem meditativen, in gedämpftes Licht getauchten Raum mit einer kleinen Sitzbank empfangen. Durch die höher gelegenen Lamellen fällt Sonnenlicht ein und zeichnet ein flüchtiges Muster auf die Hölzer. Mit zunehmender Höhe verengt sich der Raum und wird schließlich von einem Kreuz begrenzt, das die hölzerne Tragkonstruktion in die Öffnung zeichnet.
Staab Architekten
Das Kapellengelände ist geologisch geprägt durch die Ries-Auswurfmassen, liegt an einer Hangkante etwa in der Mitte zwischen dem Höhenweg und der Straße im Tal. Von dem Verbindungsweg führt ein 35 Meter langer Steg mit einer Sitzbank zum Kapellenturm, dem sich ein kleiner Platz anschließt, der wiederum von einer Wandscheibe mit eingelassener Bank abgeschlossen wird. Die Grundfläche der Kapelle beträgt 4 m x 4 m, sie ist etwa 14 Meter hoch. Die vier kreuzförmig angeordneten Schichtholzbauteile tragen die quadratisch eingebauten Lamellen und werden an der Spitze durch ein Kreuz verbunden. Die städtebauliche Anlage mit einer Via sacra, der Kreuzkapelle, dem kleinen Platz und dessen Wandabschluss fügt sich harmonisch in die Geländesituation und den bestehenden Baumbestand ein. Sie lädt zum Schauen und Rasten und ist weithin sichtbar.
Kapelle Oberthürheim von Christoph Mäckler
Koordinaten: Breitengrad: 48.59240 / Längengrad: 10.67460
Foto: Eckhart Matthäus © Siegfried und Elfriede Denzel Stiftung
Das Grundstück der Kapelle bei Oberthürheim liegt an einer Weggabelung westlich des Ortes inmitten von Feldern am Rande eines kleinen Wäldchens. Das Wegekreuz wird schon von Weitem durch große Kastanienbäume markiert.
Die ersten Entwurfsskizzen entstanden mit der Grundrissfigur in Form eines Kreuzes als Sinnbild der örtlichen Situation und des christlichen Glaubens. Der Wunsch nach Einfachheit führte im weiteren Entwurfsprozess schließlich zum Archetypus „Haus“ wie er landauf und landab in vielen Kapellen am Wegesrand zu finden ist.
Diese Reduktion lässt den Ort zu einem Ort des Einhaltens werden, der sich durch das Zusammenfügen von Wegekreuz, Kastanienbaum und Kapellenhaus zu einem landschaftlichen Ensemble der Ruhe entwickelt.
Das in der Natur gewachsene Baumaterial Holz – sein konstruktives Zusammenfügen, das in sich Verzahnen und Aufstapeln – ist Teil und Grundlage der architektonischen Reduktion.
Die Konstruktion der Blockbauweise, bei der Tragwerk und Hülle eine Einheit bilden, gehört zu den ältesten Konstruktionsweisen im Hausbau und ist Inbegriff eines ursprünglichen Bauens. Das Maß der gleichbleibenden Holzquerschnitte bildet dabei die Grundlage der Raumabmessungen.
Die in Material und Form reduzierte Ausführung steht im Einklang mit dem Ausdruck einer einfachen Kapelle, die in ihrer aufstrebenden Architekturform Reminiszenzen an den gotischen Kirchenbau erweckt, dessen typische Merkmale die Betonung der Vertikalen und das zunehmende Verhältnis von Raumhöhe zur Breite sind. Dieses beträgt bei der Kapelle im 4,1 : 1 (Chor des Kölner Doms 3,6 : 1).
Ein weiteres typisches Merkmal der Gotik ist im Gegensatz zum additiven Bauen die Vereinheitlichung der einzelnen Teile zu einem gemeinsamen Ganzen, was durch die monolithische Holzkonstruktion der Kapelle eine Interpretation erfährt.
Im Inneren tauchen 172 Farbgläser den Kapellenraum am Tage in ein tiefblaues Licht, das durch ein goldgelbes Kreuz in der nach Westen ausgerichteten Giebelwand durchdrungen wird. Der hochaufragende Raum und seine Proportion sind nur am Abend im Licht einer unter dem Kreuz gehaltenen, goldgefassten Kerze wahrzunehmen.
Das bildhafte Wachsen ins Unendliche in Verbindung mit der tiefblauen Lichtstimmung des Raumes, dem goldgelben christlichen Kreuz, dem Kerzenlicht und dem Weihwasserbecken sowie der einfachen, naturverbundenen Bauweise aus Lärchenholz erzeugen den christlich-spirituellen Raumeindruck in der Wegekapelle Oberthürheim.
Christoph Mäckler
Dank der Unterstützung der Gemeinde Buttenwiesen war es möglich, an der Kreuzung der Bettelstraße von Pfaffenhofen nach Binswangen und der Wegverbindung von Oberthürheim nach Blendheim an der Hangleite des Donautals eine Wegkapelle zu errichten. Etwas oberhalb des Talgrundes, markiert durch alte Kastanien, entstand eine zwölf Meter hoch aufragende, weithin sichtbare Kapelle. Sie ist acht Meter lang, drei Meter breit und besitzt einen Vorbau als Eingangsbereich (1,80 m lang x 1,80 m breit). Das mit 76 Prozent steile Dach lässt einen unmittelbar an einen Kirchenbau denken, an Bilder der Romantik und Gartenkunst, in denen Landschaft und Architektur verschmelzen. Der durch blaue Farbgläser belichtete Raum lädt zur Ruhe und Rast.